Raum Volksempfänger, Gemeinschaftsempfänger, Gemeindeanlagen
Diese Geräte sind Teil eines dunklen Kapitels deutscher Geschichte, welches auch am Rundfunk und der Rundfunktechnik nicht vorübergeht. Es gehört zu den Aufgaben eines Museums, dies nicht auszublenden sondern sachlich zu erläutern.
Als erstes Gerät erschien der VE 301 (Volksempfänger) zur Großen Deutschen Funkausstellung, vom 18.08. bis 27.08.1933. Erinnern soll die Bezeichnung 301 an den Tag der Machtergreifung Hitlers, den 30. Januar 1933. Bis zum Ende der Funkausstellung sollen bereits 100 000 Apparate verkauft worden sein. Wenn man den Zeitraum vom 30. Januar bis 18. August genau betrachtet sind dies 6½ Monate. In dieser kurzen Zeit ein Radiogerät zu konstruieren und in einer Auflage von einhunderttausend Stück zu produzieren ist ohne Vorarbeiten eigentlich nicht zu schaffen. Insbesondere für die Fertigung des Bakelitgehäuses mussten Presswerkzeuge entwickelt und gebaut werden. Erst danach konnte das erste Gehäuse gefertigt werden. Mit großer Wahrscheinlichkeit hat auch der Designer des Gehäuses, Professor Kirsting, nicht nur einen Tag für einen fertigen Entwurf gebraucht, der zudem noch mit den Auftraggebern abgestimmt werden musste. Es ist zu vermuten, dass die Idee der Herstellung eines preiswerten Radiogerätes bereits vor Januar 1933 bestanden hat und die Nationalsozialisten den Volksempfänger, wie etliches andere, als ihre Idee und Tat ausgegeben haben.
Die Nationalsozialisten vereinnahmten den Rundfunk sofort für sich und er durfte bis zum Zusammenbruch 1945 ausschließlich nationalsozialistisches Gedankengut verbreiten. Dazu gehörte auch, dass den ärmeren Schichten der Bevölkerung ein erschwingliches Einfachst-Radiogerät, der VE, angeboten werden musste. Der Preis lag bei 76 RM. Man wollte möglichst viele Bürger, damals »Volksgenossen« genannt, mit dem Rundfunk erreichen und ideologisch beeinflussen. Den VE 301 gab es als Wechselstromgerät im Bakelitgehäuse und als Gleichstromgerät und Batterie-Empfänger im Holzgehäuse. Er war 1933 bereits technisch veraltet – er war radiotechnisch auf einem Entwicklungsstand von 1929 oder 1930. Bis zum Jahr 1938 wurde das Gerät mit Verbesserungen weitergebaut. Zu erkennen sind diese Geräte an der runden Lautsprecherschallwand.
1938 kam der VE dyn neu auf den Markt. Das »dyn« steht für dynamischer Lautsprecher, der eine bessere Schallwiedergabe brachte. Es war erneut ein Einkreisempfänger. Die Gehäuseform war flacher, die Lautsprecheröffnung rechteckig. Das Gerät hatte eine beleuchtete Skala, auf dieser waren ausschließlich die Namen der deutschen Sender angegeben. Dies bedeutete jedoch nicht, dass man mit dem Gerät keine ausländischen Sender hören konnte. Der Verkaufspreis betrug 65 RM. Zusätzlich kam 1938 noch der DKE »Deutscher Kleinempfänger«, auch »Goebbelsschnauze« genannt, auf den Markt. Dieses Gerät wurde mit einfachsten Mitteln und extrem materialsparend aufgebaut. Der Verkaufspreis betrug 35 RM. Der DKE ist ein kleines Gerät mit runder Lautsprecheröffnung und einer Rändelscheibe zur Sendereinstellung, die sich unter dem Lautsprecher befindet. Auch mit diesem Gerät konnten, entgegen anders lautender Aussagen, ausländische Sender empfangen werden. Der DKE war das einzige »Radiogerät«, das nach Kriegsbeginn 1939 bis ca. 1944 für den Inlandsmarkt hergestellt wurde. Natürlich benötigte man vor dem Kauf einen amtlichen Bezugsschein.
»Deutscher Arbeitsfront Empfänger« DAF 1011. Die Bezeichnung 1011 erinnert an das Datum 10. November 1933, an dem Hitler eine Rede vor den Arbeitern der Siemens-Schuckert-Werke in Berlin hielt. Diese Rede wurde über den Rundfunk verbreitet. Um zukünftig auch die Arbeiter in den Betrieben erreichen zu können wurde der DAF 1011 und ein dazugehöriger Lautsprecher, den Sie im Museum an der Decke dieses Raumes sehen können, entwickelt und gebaut. Die Industrie wurde sozusagen verpflichtet ihre Produktionsstätten mit derartigen Geräten auszustatten um der Belegschaft, damals »Gefolgschaft« genannt, das sofortige Anhören der Reden Hitlers zu ermöglichen. Eine weitere Gemeinschafts-Empfangsanlage war der Kurmark-Empfänger und Verstärker. Diese Geräte waren für große Betriebe und für Gemeinden entwickelt worden. Bei vielen Gemeinden wurden an öffentlichen Plätzen und Straßen spezielle Lautsprecher angebracht. Mit der Kurmark-Anlage konnten die Reden der NS-Machthaber auch an die Bewohner einer Gemeinde übermittelt werden, die noch kein Rundfunkgerät besaßen bzw. diejenigen, die ihr Rundfunkgerät nicht einschalteten, mussten zwangsweise mithören.
„Denke daran – das Abhören ausländischer Sender ist ein Verbrechen gegen die nationale Sicherheit unseres Volkes. Es wird auf Befehl das Führers mit schweren Zuchthausstrafen geahndet.“
Zettel mit dieser Aufschrift mussten ab 1. September 1939 an jedem Radiogerät angebracht werden. Das Abhören ausländischer Sender war ab Kriegsbeginn verboten. Zuwiderhandlungen waren mit schweren Strafen und sogar mit der Todesstrafe bedroht.