Impressionen 20erJahre

Am Anfang war der Funken und Beginn des Rundfunks

1886 gelang Heinrich Hertz an der Universität Karlsruhe der Nachweis der elektromagnetischen Wellen. Der Versuchsaufbau, den Heinrich Hertz im Vorlesungssaal benutzt hatte, arbeitete bei einer Frequenz von ungefähr 400 MHz, der heute als UHF-Bereich bezeichnet wird. Im Dezember 1901 gelang es G. Marconi das Morsezeichen des Buchstabens »S« von England nach Nordamerika mittels stark gedämpfter elektrischer Wellen, erzeugt mit einem Löschfunkensender, zu übertragen. Das erste vollständige Telegramm konnte erst ein Jahr später im Dezember 1902 nach Amerika gefunkt werden. Bis zu einer durchführbaren Telefonie-(Sprach-)Übertragung dauerte es noch weitere 4 Jahre. Die Erfindung des Lichtbogensenders vom Dänen V. Paulsen bzw. des Maschinensenders von R. Fessenden und Alexanderson, die eine einigermaßen konstante Sinusträgerwelle erzeugen konnten, war die Voraussetzung für eine Sprachübertragung. Eine weitere Voraussetzung war die Erfindung des Kristalldetektors durch F. Braun im Jahr 1906. Große Fortschritte für eine Sprach- und Musikübertragung über Funk brachten dann die Erfindungen der Hochvakuumdiode und der steuerbaren Hochvakuumröhre, der Triode.

Im Museum ist eine Übertragungsstrecke mit Funkeninduktor und Kohärer-Apparatur, so wie von Marconi beutzt, nachgebaut und in Funktion vorführbar. Daran anschließbar ist ein Morseschreiber aus dem Jahr 1880.

In der Ausstellung finden Sie außerdem verschiedene Arten von Detektorempfängen. Detektorapparate nehmen die für den Betrieb erforderliche elektrische Energie aus den Radiowellen von der Antenne auf. Mittels einer Spule und eines Kondensators wird ein Schwingkreis gebildet. Bei vielen Geräten ist die Antenne der kapazitive Teil = Kondensator des Schwingkreises. Deutlich ist dies beim Schiebspulendetektorgerät zu erkennen. Spule oder Kondensator müssen veränderbar sein um den Schwingkreis auf eine Empfangsfrequenz einstellen zu können. Der Detektorkristall, meist das Mineral Bleiglanz, an der schwarz-silbrigen Farbe zu erkennen, demoduliert die empfangene Radiowelle. An den Steckbuchsen mit der Bezeichnung Telefon kann mittels eines Kopfhörers mit einer Impedanz von 2000 oder besser 4000 Ohm der Sender abgehört werden. Ein Detektorempfänger lässt sich aber nur bis zu einer gewissen Entfernung des gewünschten Senders betreiben. Genaue Angaben können an dieser Stelle nicht gemacht werden. Zu viele Faktoren üben hier einen Einfluss aus. Als Beispiele seien genannt Empfangsort, Qualität der verwendeten Antenne, Aufbau und Bauteile des Detektorapparates.

Weiter zu sehen sind Ein- und Mehr-Röhren-Empfänger aus der Zeit von 1924 bis ca. 1929. Es sind sogenannte offene Geräte, die Röhren und bei vielen Geräten auch die Abstimmspulen sind auf oder neben dem Gerät angebracht. Die Buchsen mit der Bezeichnung »Telefon« haben nichts mit »dem Telefon« zu tun, damit wurden die Anschlüsse für Kopfhörer und Lautsprecher bezeichnet. Bei vielen Geräten war der Betrieb nur mittels Kopfhörer möglich. Wenn man einen Lautsprecher anschließen wollte benötigte man einen zusätzlichen Niederfrequenz-Verstärker mit einer weiteren Röhre. Eines unserer ältesten Geräte ist das Radiogerät Allradio von Schuchhardt, ein Audion-Empfänger mit einer Röhre aus dem Jahr 1924. Das Gerät trägt den RTV-Stempel der Reichs-telegraphenverwaltung und die Bodenschrauben sind bzw. waren verplombt. So wurde sichergestellt, dass an dem Radiogerät keine Veränderungen vorgenommen wurden. Die vorhandene Rückkopplung war von dem Hersteller so eingestellt, dass sie nur in engen Grenzen verstellt werden konnte. Zum Betreiben dieses Gerätes reichte die normale Rundfunkgenehmigung der Deutschen Reichspost. Zum Radio hören benötigte man einen Kopfhörer.

Lautsprecher noch nicht eingebaut. In der weiteren Entwicklung der Radiogeräte in den 20er Jahren überwiegt der Mehr-Röhren-Empfänger. Die Röhren und die Spulen werden komplett oder teilweise in das Innere der Radiogehäuse verlegt. Bei den Mehr-Röhren-Empfängern können Lautsprecher angeschlossen werden, die allerdings zusätzlich gekauft werden mussten. So konnte die ganze Familie dem Radio zuhören. Die Lautsprecher hatten am Anfang Trichterformen, wie sie von den Grammophonen her bekannt sind. Später wurden kunstvoll gestaltete Lautsprechergehäuse, die z.B. an Sonnenblumen oder Kaminuhren erinnern, dem Radiohörer angeboten. Alle Lautsprecher der damaligen Zeit hatten aber eines gemeinsam, die Qualität der Schallabstrahlung kann nur als bescheiden bezeichnet werden. Von einem wirklichen Hörgenuss kann noch keine Rede sein. Die Elektroakustik war, wie auch die Hochfrequenztechnik, Neuland. Die Zusammenhänge mussten erforscht und in vielen Laborversuchen erprobt werden. Schritt für Schritt verbesserten sich in den Jahren von 1925 bis Mitte der 30er Jahre die Empfangs- und Hörqualität der Rundfunkempfänger.

Radiogeräte gibt es bis Ende der 20er Jahre ausschließlich als Batteriegeräte. Zum Betrieb benötigte man eine sogenannte Anoden-Batterie, die zwischen ca. 60 und 120 Volt abgeben konnte und einen Blei-Akkumulator (Sammler) zur Heizung der Röhren. Wer eine Netzanode und ein Akkuladegerät nicht kaufen konnte musste den Heizakkumulator regelmäßig im Radiogeschäft wieder aufladen lassen und neue Anodenbatterien kaufen. Der Betrieb eines gewöhnlichen Rundfunkempfängers war in den 20er Jahren keine einfache und vor allem keine preiswerte Angelegenheit.

Der Lumophon HU 8 aus Nürnberg ist ein Radiogerät aus dem Jahr 1927. Das Gerät kostete 525 Reichsmark, die erforderlichen 8 Röhren waren in dem Preis für das Gerät nicht enthalten. Für jede Röhre kann ein Durchschnittspreis von 15 Reichsmark angesetzt werden, so dass noch weitere 120 RM für die Röhren dazukamen. Ein Arbeiter verdiente damals im Monat zwischen 120 und 160 RM. Der Lumophon HU 8 ist ein sehr früher Superhetempfänger. Die meisten Radiogeräte waren damals Ein- oder Zweikreisgeräte mit einer Niederfrequenzverstärkerstufe also Geradeausempfänger.

Rundfunkgeräte aus den späten 20er und Anfang der 30er Jahre haben jetzt ein eingebautes Netzteil. Sie konnten über die Steckdose am Stromnetz angeschlossen werden. Damit entfiel der Kauf von Anodenbatterien und das Aufladen des Bleiakkumulators. Der erforderliche Lautsprecher war meistens noch nicht im Radiogerät eingebaut und musste zusätzlich erworben werden. Der AEG-Geador W aus dem Jahr 1929 ist als Chassis ausgestellt. Der Aufbau zeigt, dass das Gerät zu großen Teilen aus feinmechanisch aufwändig gefertigten Bauteilen besteht. Die Herstellung derartiger Geräte war arbeitsintensiv, es wurden häufig Materialien wie Kupfer und Messing verarbeitet. Viele der elektronischen Bauteile wurden einzeln oder in Kleinserien gerätebezogen von der Radiofirma selbst hergestellt. Lediglich die Röhren wurden in den meisten Fällen von den Elektronenröhrenherstellern bezogen.